Du kommst hier nicht rein!
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Du denkst jetzt sicher, dass es jetzt schon wieder politisch wird. Aber nein, ganz im Gegenteil. Heute nehmen wir uns das Thema Kultur vor – Clubkultur. Vor allem, wie es uns gelingt, in den Club zu kommen. Denn das ist gar nicht so einfach.
In beiden Fällen – Clubkultur und Einlass – kommen wir in der Region Berlin-Brandenburg natürlich nicht um das Berghain herum. Den 2004 eröffneten Techno-Club, der 2009 von DJs im DJ Mag zum „besten Club der Welt“ gekürt wurde.
Liebling von DJs und Techno-Fans weltweit
Was vor allem an dem fantastischen Soundsystem liegt. Und was ganz beträchtlich dazu beigetragen hat, dass seit Jahren ganze Horden von Techno-Fans aus aller Welt vor dem brachial aussehenden Gebäude (Sozialistischer Klassizismus) in der Nähe des Ostbahnhofs im Berliner Stadtteil Friedrichshain Schlange stehen.
Und viele von ihnen müssen enttäuscht wieder abziehen, weil nicht jeder und jede hineinkommt. Die Abweisungen mit zum Teil typisch Berliner Schnauze sind legendär. Ebenso wie der Türsteher und Fotograf Sven Marquardt, dessen Gesicht und Name nicht nur bei Berghain-Besucherinnen und Besuchern bekannt ist.
Tipp: Wenn du mehr über Sven Marquardt (Punk in Ostberlin, Sibylle-Fotograf, Türsteher) erfahren willst, solltest du dir seine – gemeinsam mit Judka Strittmatter verfasste – Biografie zu Gemüte führen: „Die Nacht ist Leben“*.
Marquardt, 1,90, Tattoos und Piercings, hat übrigens einmal verraten, wonach er und sein Team entscheiden, wer in den Club kommt und wer nicht. Die strenge Auswahl hat ja auch ihr Gutes. Denn wer es geschafft hat, reinzukommen, ist gleich mit einem viel besseren Gefühl dabei.
1. Studie erklärt, wer in den Club darf und wer nicht
Bei Beobachterinnen und Beobachtern gilt der Einlass des Berghains als „die härteste Tür Berlins“. Und der legendäre Club hat sicher auch eine Hauptrolle bei den Untersuchungen gespielt, die ein internationales Forschungsteam zu dem Thema angestellt hat.
Anlass für die Studie, an der auch Michael Kleinaltenkamp, Wirtschaftswissenschaftler und Dienstleistungsforscher an der FU Berlin beteiligt war, soll der Film „Berlin Bouncer“ gewesen sein, wie die Tagesschau schreibt. Darin findet sich folgender Satz eines Türstehers: „Ich male jeden Abend ein Bild, ich bin verantwortlich dafür“.
Kunstwerk in Form der „Crowd“
Heißt: Diejenigen, die an den Club-Türen für die Auswahl der Gäste verantwortlich sind, schaffen durch ihre Auswahl ein Kunstwerk in Form der „Crowd“, die an dem jeweiligen Abend tanzt.
Für die Studie beobachteten die Forscherinnen und Forscher mehrere Hundert Auswahlentscheidungen. Zudem wurden Interviews mit Club-Besitzerinnen und Besitzern, DJs, Gästen und Veranstalterinnen und Veranstaltern geführt.
Das Ergebnis: gar nicht so einfach. Es kommt darauf an, dass du deine Lust zu feiern zeigstt (Readiness). Dass du durch deinen Kleidungsstil und die Wortwahl durchscheinen lässt, dass du irgendwie zur Szene dazu gehörst. Und: Du solltest irgendetwas Besonderes haben – aber wiederum nicht allzu sehr auffallen.
Und dann kommst du vielleicht trotzdem an dem einen Abend hinein und an einem anderen nicht. Denn letztlich entscheiden auch die anderen Menschen in der Schlange darüber, ob der Abend der Abend der Abende wird – oder du dich nach einer Alternative umschauen musst.
Side-Fact: Sven Marquardt ist vor einigen Jahren selbst mal abgeblitzt – vor einem australischen Club. Die Begründung des dortigen Türstehers, den Berghain-Wächter nicht hineinzulassen: zu viele Gesichtstattoos. Im Tod und vor dem Club sind wir doch alle gleich.
So oder so: Plan B bereithalten, ist die Devise.
2. Gen Z geht nicht mehr feiern – und die Clubs sterben
Allzu viele Alternativen könnte es aber nicht mehr geben. Denn in den vergangenen Jahren haben viele Clubs dichtgemacht. Das sogenannte Club-Sterben ist in vollem Gange, glaubt man den Beobachterinnen und Beobachtern.
Das Problem: Die Gen Z kann oder will sich den Eintritt in die Clubs nicht mehr leisten – und hat vielleicht auch keine Lust darauf, stundenlang anzustehen, nur um dann doch nicht hineinzukommen. Aber das ist jetzt nur meine Idee zu der Sache.
Vorrangig dürfte es ums Geld gehen. Vor allem in München – und darum geht es in dem Artikel von br.de – ist das Leben und Wohnen an sich schon teuer. Und dann auch noch Club-Eintritt und Getränke? Da kommen schnell mal 50 bis 70 Euro zusammen.
Club-Sterben: Hälfte der Berliner Clubs gefährdet
Aber das Club-Sterben gibt es nicht nur in Bayern. In Berlin hat die Clubcommission, als Interessensvertretung der Clubs, im November 2024 gewarnt, dass jedem zweiten Club der Stadt in den nächsten Jahren die Schließung droht.
„Die Clubkultur steht unter enormem wirtschaftlichen Druck“, heißt es in der entsprechenden Mitteilung. Ohne staatliche Unterstützung und eine konsequente Förderung der Nachtökonomie drohe Berlins Club-Kultur in der Belanglosigkeit zu versinken. Heftig, oder?
Was ist deine Meinung dazu? Und gehst du überhaupt in Clubs? Warst du gar schon mal im Berghain? Schreib’s in die Kommentare, bitte!
3. Techno-DJs für Berlins U-Bahnhöfe
Eine für Techno-Fans sehr gute, aber für die vom Aus bedrohten Clubs wahrscheinlich eher schlechte Idee hat jetzt die BVG: DJs sollen auf U-Bahnhöfen wie dem Kottbusser Tor auflegen. Damit, so die BVG in einer Mitteilung, solle das „lebendige und pulsierende Berlin in den Bahnhof“ geholt werden.
DJs, die sich am Kotti an die Plattenteller stellen wollen, sollten Teil der Berliner Szene sein und am besten eine Verbindung zum Kottbusser Tor haben. Und damit ist jetzt keine Öffi-Verbindung gemeint … (kleiner Scherz).
Hotspot für Gewalt, Drogen und Müll
Ziel ist es, den „Hotspot für Gewalt, Drogen und Müll“ (Tagesspiegel) zu einer Art Vorzeigebahnhof zu machen. Dazu sollen auch Kunstausstellungen und Lichtinstallationen beitragen.
Ach ja, den Müll will die BVG auch entfernen und etwas gegen Gewalt tun. Dazu gibt es etwa seit Februar 2024 eine sogenannte Reinigungsstreife. Auch auf zusätzliche Sicherheitskräfte setzt die BVG an bestimmten Problembahnhöfen wie dem Kottbusser Tor.
Welche DJs künftig auf den U-Bahnhöfen der U8 auflegen, ist noch nicht bekannt. Für die U1/U3 hat sich die BVG zudem den Einsatz von Jazz-Musikerinnen und Musikern überlegt.
Wenn du in Berlin wohnst oder die Stadt besuchst, kannst du ja mal berichten, wie das Ganze ist und ob du dich dadurch sicherer und unterhaltener fühlst.
Diese Ausgabe des D.R.O.B. Newsletters ist hier zu Ende. Den nächsten Newsletter gibt es in genau 1 Woche. Bis dahin kannst du dir noch die spannenden Artikel der vergangenen Tage durchlesen. Und: Wenn du jemanden kennst, der oder die von diesem Newsletter profitiert, dann sag ihm oder ihr doch bitte Bescheid!
Die Artikel der vergangenen Woche im Überblick:
Mit Berliner Schnauze und Humor schreibt Mikis Wesensbitter, wie es im Jahr des Mauerfalls wirklich war, wo die besten Punkrock-Konzerte stattfanden und was Freiheit und Freundschaft bedeuten
Und warum Ernst Thälmann jetzt dort den Kopf in den Sand steckt
In der letzten Newsletter-Ausgabe ging es um den Osten, Ostdeutschland, Neufünfland, die Zone, Dunkeldeutschland und … (hier eine Zuschreibung deiner Wahl einsetzen).
Wir müssen reden!
Herzlich willkommen auf dem Gebiet der Demokratischen Republik Ost Berlin (D.R.O.B.) und zu einer neuen Ausgabe des D.R.O.B. Newsletters.
Bis zum nächsten Mal! Dein Boy, Berlin.
Du und der Club? Wie sieht’s aus?