Zum Lachen in die Garage gehen
Warum Garagen in der DDR mehr waren als nur Abstellorte für Autos und Mopeds
Über 30 Jahre nach der Wende soll es in Ostdeutschland geschätzt rund 2 Millionen Einzelgaragen in sogenannten Garagenkomplexen gegeben haben – gehütet in Jahrzehnte alten Garagengemeinschaften, die sich heute in Vereine gewandelt haben.
In den 1970er-Jahren wurden solche Garagen meist von den Mitgliedern dieser Gemeinschaften selbst gebaut. Eine Garage musste man sich also oft erarbeiten. Die Komplexe befanden sich dabei auf volkseigenem Boden – was das Ganze nach der Wiedervereinigung kompliziert machte.
Das Problem wurde zunächst über das sogenannte Garagengesetz aufgefangen. Dieses verhinderte, dass Besitzerinnen und Besitzer von Garagen das Besitzrecht verlieren, nur weil ihnen der Grund und Boden dazu nicht gehörte.
Dieses Gesetz ist allerdings 2022 ausgelaufen, was in vielen Fällen zu Kündigungen der entsprechenden Pachtverträge führte. Teils mussten die Garagenbesitzerinnen und Besitzer daraufhin die eigenen Garagen auch noch selbst abtragen und entsorgen.
Schicksal einer Garagengemeinschaft
Von dem Schicksal einer solchen Garagengemeinschaft aus dem brandenburgischen Strausberg in der Nähe von Berlin haben kürzlich die Tagesthemen berichtet. Anders als in ähnlichen Fällen geben sich die Betroffenen aber nicht ihrem Schicksal hin, sondern unternehmen etwas.
Sie haben sich auf die Suche nach Ersatz gemacht – und diesen auch gefunden. Auf einem anderen Garagenareal wollen sie jetzt eine Art Kulturzentrum aus ihren neuen alten Garagen machen. Wohl nicht zuletzt, um diese langfristig vor dem Abriss zu schützen.
Garagen in Ostdeutschland – ein Kulturgut? (Foto: Bertsz/Pixabay)
Wenn du mehr über die Kultur der Garagen in der DDR erfahren willst, hast du derzeit in Chemnitz die Möglichkeit dazu. Denn Chemnitz ist 2025 gemeinsam mit dem Nova Gorica in Slowenien Kulturhauptstadt Europas.
Garagen-Parcours und Festival in Chemnitz
Und neben zahlreichen anderen kulturellen Projekten und vielseitigen Ausstellungen wurde der Parcours „#3000Garagen“ aufgelegt. Hier können sich Interessierte einen Überblick über den Wohlfühlort Garage verschaffen, den es wohl so nicht nur in der DDR, sondern in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas gegeben hat.
Vom 6. bis 8. Juni 2025 findet im Rahmen von „#3.000Garagen“ ein Festival statt – und zwar auf einer Wiese inmitten von 1.000 Garagen. Hier kommen dann auch echte Garagenbesitzerinnen und -besitzer zu Wort beziehungsweise zur Kunstvorführung.
Und zwar entlang ihrer Biografien, Hobbys und Fertigkeiten. Gezeigt werden unter anderem „das Voltigieren auf einem mechanischen Pferd, das Parfümieren von duftenden Wunderbäumen oder ein kulinarischer Rekord“.
Auch eine Ausstellung zu Garagen gibt es in Chemnitz – und zwar vom 9. Mai bis 29. November 2025 im Garagen-Campus. Zu sehen sind laut Ankündigung „fotografische Porträts der Chemnitzer:innen, Kuriositäten, Entwürfe, Installationen und Objekte, getunte und imaginäre Fahrzeuge, Texte, Video- und Tonaufnahmen“.
Warum diese Bedeutung?
Wer verstehen will, warum die Garage in der DDR eine so große Bedeutung hatte und diese Bedeutung zum Teil noch heute hat, findet mehrere Antwortmöglichkeiten. Zum einen hatten Autos einen ganz anderen Stellenwert.
Schließlich musste man in der DDR mehrere Jahre auf eines warten. So kam es, dass schon bei der Geburt des Kindes eine entsprechende Anmeldung getätigt wurde, so dass das Kind dann ab dem 18. Geburtstag und mit dem Erlangen des Führerscheins früher ein Auto zur Verfügung haben könnte.
Meine Eltern haben mich übrigens auch für einen Trabant angemeldet. Den hätte ich Mitte der 1990er-Jahre bekommen sollen. Da hatte ich dann aber wirklich kein Interesse mehr an der „Rennpappe“.
Trabi fahren ausprobieren
Wer ausprobieren will, wie sich so ein Zweitakter mit seinem neben dem Lenkrad befindlichen Schalthebel fährt, kann dies bei den entsprechenden Trabi-Touren in Berlin oder Dresden ausprobieren.
Damit der „heilige“ Trabant oder Wartburg oder gar der Lada oder ein in der BRD gefertigtes Auto nicht so einfach auf der Straße herumstand, benötigte man eine Garage. Das ist zumindest die eine Legende, die gern erzählt wird, wenn es um die Garagen in der DDR ging.
Dass sie so beliebt waren, lag aber auch daran, dass man dort eben nicht nur sein Auto abstellte. Vielmehr wurden dort auch oft private Werkstätten betrieben, es wurde gebastelt und geschraubt – und mit den anderen Besitzerinnen und Besitzern gequatscht und gefeiert.
Garage als Kulturgut?
Die Leute schweißte zusammen, dass sie die Garagen meist gemeinschaftlich selbst zusammengebaut hatten. Oder wie Garagen-Profi Martin Maleschka rbb24 sagte: „Das war ein besonderer kultureller Moment, weil die Menschen gemeinsam etwas Eigenes erschaffen haben, in dem sie ihre Heiligtümer unterstellen; zum Beispiel den Trabi oder den Wartburg“.
Für manchen, so liest man zumindest heute, war das Ganze in der DDR-Zeit auch eine Art Schutzraum, um dem ansonsten immer präsenten Staat und der Stasi für eine Weile zu entkommen.
Wenn du bis hierher gelesen hast und gern noch mehr über den Mikrokosmos Garage in DDR und Ostdeutschland erfahren willst, lege ich dir das Buch „Das Garagen-Manifest*“ ans Herz. Darin befindet sich auch ein Foto-Essay von oben erwähntem Maleschka.
Dich interessiert vielleicht, wie meine Garage oder die meiner Familie ausgesehen hat. Da muss ich dich allerdings enttäuschen. Denn wir hatten gar keine Garage.