Es ist Sommer: Also raus und rein!
Tipps für (d)ein spannendes Sommerwochenende mit ganz viel Kunst und Kultur – drinnen und draußen, allein oder zu vielt
Herzlich willkommen auf dem Gebiet der Demokratischen Republik Ost Berlin (D.R.O.B.) und zu einer neuen Ausgabe des D.R.O.B. Newsletters.
Du bist Fan von Sommer, Sonne, Sonnenschein? Dann ist heute dein großer Tag! Wenn du diesen Newsletter liest, dann hat die nördliche Erdhalbkugel ein paar Stunden zuvor ihre maximale Neigung zur Sonne erreicht.
1. Sommersonnenwende und Fête de la Musique
Heißt: Sommersonnenwende und: Ab jetzt werden die Tage wieder kürzer. Zuvor kannst du aber – wenn du magst und auf der Nordhalbkugel lebst – den längsten Tag des Jahres genießen.
In Berlin – und vielen anderen Städten wie Dresden, Leipzig oder Rostock – feiert man an diesem ersten echten Sommertag des Jahres traditionell die Fête de la Musique. Ein weltweites, nichtkommerzielles Musikfestival für alle, umsonst und draußen.
Pain in the ass für mich: Ich habe es in den vergangenen 3 Jahrzehnten, in denen ich auf die eine oder andere Art Musik mache (Interwall, Elitär, Resignationserwachen oder aktuell mit Parc de Triomphe oder Boy, Berlin) noch nie auf eine Bühne bei der Fête de la Musique geschafft. Egal, in welcher Stadt. Mein Neujahrsvorsatz: Nächstes Jahr bin ich irgendwie und irgendwo dabei!
100 Open-Air- und Indoor-Standorte
Jetzt aber weg von meinen Befindlichkeiten und zurück zum Thema: In Berlin findet die Fête de la Musique an mehr als 100 Open-Air- und Indoor-Standorten statt. Zum 30. Jubiläum darf es in der Hauptstadt in diesem Jahr schon um 14 Uhr (statt 16 Uhr) losgehen. Und das Ende ist erst um Mitternacht (statt 22 Uhr) erreicht.
Bühnen gibt es unter anderem im Roten Rathaus, auf dem Moritz- und Kollwitzplatz und vor dem Kulturkaufhaus Dussmann. Anschließend geht es in fast 30 Locations weiter, z. B. im Yaam oder Gretchen, im Tresor, der Wabe oder Ritter Butzke.
Das Programm für deinen Stadtbezirk, deine Stadt, Straße oder Gegend findest du im Internet. In Wien z. B. schlenderst du am besten durchs Servitenviertel im 9. Dort gibt es dann auch Kunst- und Fotoausstellungen.
2. Kultur-Geschichte auf der Couch – Punk und DDR
Es soll ja auch Menschen geben, die nicht so gerne draußen sind, wenn es hell, heiß und flirrig ist. Falls du so ein Mensch bist oder du dich einfach so nach einem anstrengenden Tag auf der Couch noch ein bisschen mit Kultur-Geschichte verwöhnen willst, könnte dir der nächste Tipp gut gefallen.
In der Arte-Mediathek kannst du noch bis zum 31. Juli 2025 den Kurzfilm „Aber wenn man so leben will wie ich“ sehen. Darin geht es um den Punk Michael, der in den 1980er-Jahren in Ost-Berlin lebt. Als Verweigerer der DDR-Normen wurde er seiner alleinerziehenden Mutter mehrfach weggenommen und in Kinderheime eingewiesen.
Verzweiflung eines jungen Punks
Im Alter von 18 Jahren wird er Vater. Obwohl seine Freundin mit dem Baby in der DDR bleiben will, stellt Michael einen Ausreiseantrag. Entstanden ist ein Film über das „Leben, Hoffen und die Verzweiflung eines jungen Punks“ (Christian Ihle/taz). In dem Streifen gibt es auch ein Interview mit der Mutter, die versucht, ihren Sohn zu verstehen oder irgendwie zu halten.
Für Fans von DDR-Punk gibt es Musik von Reasors Exzesz, einer Street-Punk-Band um Mike Göde, der zuvor auch für Bandsalat und Betonromantik spielte. Göde hat auch einen Auftritt in der Dokumentation „Ostpunk! Too Much Future“. Auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung kannst du dir das Filmheft als Gratis-PDF herunterladen.
3. Banksy – von der Straße ins Museum
Den Namen Banksy hast du sicher schon einmal gehört. Der Künstler (oder die Künstlerin?), dessen Identität noch immer nicht zu 100 Prozent enthüllt ist, gilt als Street-Art-Genie mit Humor und politischem Gestaltungswillen. Von Bristol und London aus verbreiteten sich seine Schablonengraffiti über die ganze Welt.
Auch in Berlin soll Banksy mehrfach gewesen sein, vor allem Anfang der 2000er-Jahre, noch bevor er internationalen Ruhm erlangte. Mehr als 30 Arbeiten soll Banksy in Mitte und Kreuzberg hinterlassen haben. Die meisten sind aber längst verschwunden, entweder übersprüht oder von den Hauswänden entfernt.
Über 150 Banksy-Motive sind derzeit in Leipzig zu sehen. Die Pop-up-Präsentation „House of Banksy – An Unauthorized Exhibition“ macht in der Grimmaischen Straße 10 (ehemaliger Esprit Store) halt. Wie der Titel allerdings schon andeutet, hat Banksy selbst die Installationen nicht autorisiert.
Aus der Ankündigung: „Graffitis, Fotografien, Skulpturen, Videoinstallationen und Drucke auf verschiedenen Materialien wie Leinwand, Fine Art Papier, Holz, Aluminium, Gips, Beton und Backstein wurden eigens für diese Schau reproduziert und in einem aufwändigen und einzigartigen Setting zusammengetragen.“
Die Ausstellung läuft noch bis zum 26. Oktober 2025. Die Karten für die nach eigenen Angaben „größte Banksy-Ausstellung Europas“ kosten ab 18 Euro.
In der ARD Audiothek gibt es einen interessanten Podcast über Banksy, in dem der Frage nachgegangen wird, wer denn nun Banksy eigentlich ist.
Zum 100.: Podcast über Konrad Wolf
Wenn du dich gern mit einem interessanten Podcast auf den Balkon, in den Park oder an den See setzt oder legst, dann könnte diese sechsteilige Reihe über den vielleicht wichtigsten und mächtigsten Regisseur der DDR dich vielleicht interessieren. In „Wer war Konrad Wolf?“ gehen zwei Studierende der Filmuniversität Babelsberg, die den Namen Konrad Wolf trägt, dem Leben und Schaffen dieses abenteuerlichen Lebens nach.
„Ein Leben voller Widersprüche und im Zentrum der großen Konflikte des vergangenen Jahrhunderts“, wie es in der Podcast-Beschreibung heißt. Anlass für die Recherche und Podcast-Erstellung ist, dass Konrad Wolf in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Gestorben ist er aber schon 1982, im Alter von 56 Jahren.
19-jähriger Stadtkommandant
Kurzer Einblick in seine Biographie: 1933 flohen Wolfs Eltern mit ihm in die damalige Sowjetunion. Als Jugendlicher und Teil der Roten Armee war er an der Befreiung Berlins beteiligt. Im April 1945 war Wolf kurzzeitig der erste sowjetische Stadtkommandant in Bernau. Diese Kriegserlebnisse beschrieb er später in dem Film „Ich war Neunzehn“.
Diesen Film fand ich persönlich sehr beeindruckend. Stark und eindrucksvoll ist in meinen Augen auch „Solo Sunny“ (Bild) aus dem Jahr 1980.
„Solo Sunny“ (Renate Krößner) ist Konrad Wolfs letzter Spielfilm. (Filmstill: DEFA)
Nach dem Filmstudium in Moskau ging er in die DDR und wurde zu einem wichtigen und bekannten DEFA-Regisseur. 1965 wurde er zum Präsidenten der Akademie der Künste der DDR ernannt und war auch Mitglied des Zentralkomitees der SED.
Stoff für spannende Geschichte(n)
Du siehst also, da ist jede Menge Stoff für spannende Geschichte(n) und Konflikte – zwischen Kultur und Politik. Nur ein paar Hints: Sein älterer Bruder Markus Wolf war der langjährige Chef des Auslandsgeheimdienstes der DDR. Konrad Wolf – „als linientreuer Verfechter des SED-Parteiregimes“ (Wikipedia) – unterstützte 1976 die Ausbürgerung von Wolf Biermann. Trotz des Protestes von über 100 Kulturschaffenden in der DDR. Aber: Wolf soll auch immer wieder Künstlerinnen und Künstler bei ihren Auseinandersetzungen mit dem Regime unterstützt haben.
Die Lebensgeschichte Konrad Wolfs haben Antje Vollmer und Hans-Eckardt Wenzel (Politikerin/West und Liedermacher/Ost) in einem interessant klingenden Buch niedergeschrieben:
Diese 14 Spielfilme hat Konrad Wolf in den Jahren 1955 bis 1980 gemacht:
Einmal ist keinmal
Genesung
Lissy
Sonnensucher
Sterne
Leute mit Flügeln
Professor Mamlock
Der geteilte Himmel
Der kleine Prinz
Ich war neunzehn
Goya
Der nackte Mann auf dem Sportplatz
Mama, ich lebe
Solo Sunny
Du kannst dir alle diese Filme in einer Sammelbox auf DVD zulegen.
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